Was ist Panzerstahl?
Wie der Name schon sagt, wird Panzerstahl bzw. Sicherheitsstahl oder „ballistischer Sicherheitsstahl“ dazu eingesetzt, um vor einer äußeren Bedrohung, etwa in Form von sich nähernden Geschossen, Sicherheit und Schutz zu bieten.
Es gibt verschiedene Stahlsorten, die für Panzerungszwecke eingesetzt werden, u. a. etwa Edelstahl, Manganstahl oder Manganhartstahl (Hadfield-Stahl). Der am häufigsten verwendete Panzerstahl ist jedoch martensitischer gehärteter Stahl. Die aktiven chemischen Verbindungen in gehärtetem Stahl sind Eisen (Fe) und Kohlenstoff (C). Die besonderen Eigenschaften dieses Stahls werden im Allgemeinen durch unterschiedliche Mengen von Kohlenstoff und anderen Legierungsbestandteilen wie Chrom, Nickel und Molybdän sowie durch spezielle Wärmebehandlungsverfahren erzielt.
Der Wärmebehandlungsprozess besteht in der Regel aus dem Härten und – je nach Güte – manchmal auch aus dem Anlassen. Beim Härten wird der Stahl auf eine Temperatur erhitzt, bei der die kubischen Eisenkristalle ihre Form als ferritische (raumzentrierte) Struktur bei Raumtemperatur in ihre Form als austenitische (flächenzentrierte) Struktur bei hoher Temperatur verändern. Diese Temperatur liegt abhängig vom Legierungsgehalt und der verwendeten Ausrüstung normalerweise zwischen 700 und 900 Grad Celsius.
Sobald der Stahl den austenitischen Zustand erreicht hat, wird er abgeschreckt, d. h. der Stahl wird schnell auf nahezu Raumtemperatur abgekühlt. Diese schnelle Abkühlung bewirkt eine erstarrte Festkörperlösung von Kohlenstoffatomen in der Eisenmatrix und die Bildung von verzerrten, ferritischen, kubischen Kristallen, welche eine sehr hohe Festigkeit erzeugen. Diese verzerrte, kubische Version der Eisenkristalle wird als Martensit bezeichnet – daher auch der Name „martensitischer Panzerstahl“.
Ein zweiter Wärmebehandlungsprozess, das sogenannte Anlassen, kann durchgeführt werden, um die Duktilität und Kaltverformbarkeit des Stahls zu erhöhen und ihn weniger anfällig für Ermüdungsrisse zu machen. Dank der Entwicklungen der letzten zwei Jahrzehnte und der technologischen Verbesserungen in der Stahlherstellung ist es inzwischen möglich, Stähle zu produzieren, die weniger Verunreinigungen aufweisen. Dabei muss der Stahl nicht immer angelassen werden, um mechanische Schlüsseleigenschaften zu erfüllen.
Panzerstahl wird grundsätzlich anhand seiner Härte definiert, welche in den meisten Fällen nach der Brinellhärte (HB) gemessen und angegeben wird.
Verschiedene Panzerstähle – Klassen und Verwendung
Explosionsbeständiger Sicherheitsstahl
Explosionsbeständige Sicherheitsstähle liegen im Bereich von 370–460 Brinell. Sie sind speziell zum Schutz vor hochenergetischen Stößen und Stoßwellen durch Minen, improvisierte Sprengfallen (IED, improvised explosive devices) und sogar Granaten konzipiert. Die meisten heutzutage verwendeten explosionsbeständigen Sicherheitsstähle haben eine Härte von 440 Brinell, wodurch eine gute Mischung aus Härte und Zähigkeit geboten wird.
Explosionsbeständige Stähle werden in der Regel für den Boden bzw. Rumpf von gepanzerten Fahrzeugen eingesetzt. Um bei einem Fahrzeug den höchstmöglichen Grad an Schutz und Unversehrtheit zu gewährleisten, wird der Rumpf- oder Bodenbereich aus einem ganzen Stück einer sehr breiten Platte gefertigt. Das Biegen dieser Platten erfolgt in starken und langen Pressen (vorzugsweise 800 Tonnen oder mehr), wodurch sie in vielen Fällen bis zu sechs Meter länger werden. Der Rumpf wird meist in einer „V-Form“ gefertigt, denn durch diese spezielle Form können Detonationskräfte unter dem Fahrzeug umgeleitet werden.
Explosionsbeständiger Stahl muss sehr zäh sein, um eine möglichst hohe Menge der Explosionsenergie zu absorbieren. Die Durchführung realistischer Explosionstests ist jedoch schwierig. Deshalb werden Tests zur Prüfung der Materialschlagzähigkeit üblicherweise bei –40 Grad Celsius durchgeführt, um explosionsbeständige Stähle zu testen und zu vergleichen. Diese Stähle fallen größtenteils unter die Schutzklassen gemäß dem NATO-Standardisierungsübereinkommen STANAG 4569. Der Kohlenstoffgehalt variiert zwischen 0,12 und 24 %.
Perforierte Zusatzpanzerung
Ballistischer Sicherheitsstahl
Baustahl
Für den Ladebereich eines Fahrzeugs wird in der Regel Baustahl verwendet. Das liegt daran, dass der Stahl nicht nur biegsam und schweißbar sein muss, sondern auch die höchste Widerstandsfähigkeit gegenüber zyklischer Beanspruchung und Ermüdung aufweisen muss. Alle explosionsbeständigen Stähle und Stahlgüten mit einer Härte von 500 und 550 Brinell sollten für „Baustahl“-Anwendungen geeignet sein. Geringwertige Marken und Stahlsorten werden von Fahrzeugherstellern sofort anhand der Verarbeitungsmerkmale und Gebrauchstauglichkeit erkannt. Hierbei ist vor allem die Bildung von Rissen, die Unfähigkeit zum Biegen/Verformen und die begrenzte Schweißbarkeit zu nennen – das sind alles Eigenschaften, die für geringwertigen Stahl charakteristisch sind und vermieden werden sollten.
High Hardness Armour (HHA) – Panzerstahl mit einer Härte von 500 Brinell (HB477-540)
HHA-Stahl ist der weltweit am häufigsten verwendete Panzerstahl. Seine Eigenschaften wurden ursprünglich in der US-amerikanischen Militärnorm MIL-DTL-46100 bestimmt.
HHA-Stahl muss biegsam und schweißbar sein und darf keine Anfälligkeit für Ermüdung aufweisen. Diese Art von Stahl wird in der Regel als tragfähiger Baustahl eingesetzt. Der Kohlenstoffgehalt von HHA-Stahl beträgt normalerweise etwa 0,27 %. Grundsätzlich muss dieser Stahl eine Dicke von 6,5 mm aufweisen, um eine SS109-Patrone mit dem NATO-Standardkaliber 5,56 mm abzuwehren.
Very High Hardness (VHH) Armour – Panzerstahl mit einer Härte von 550 Brinell (HB530-590)
Diese Stahlsorte entspricht im Prinzip einem 500er-Stahl, jedoch mit einem etwas höheren Kohlenstoffgehalt (etwa 0,31 %). HHA-Stahl muss biegsam und schweißbar sein und darf keine Anfälligkeit für Ermüdung aufweisen.
Grundsätzlich muss dieser Stahl eine Dicke von 5,5 mm aufweisen, um eine SS109-Patrone mit dem NATO-Standardkaliber 5,56 mm abzuwehren.
„Zusatzstahl“
Wie der Name schon sagt, ist Zusatzstahl eine Art von Stahl, die auf bestehende Elemente/Konstruktionen zusätzlich aufgesetzt wird. Zusatzstahl wird häufig als verschraubte Lösung in Form von einer „Schottpanzerung“ angeboten.
Ultra High Hardness (UHH) Armour – Panzerstahl mit einer Härte von 600 Brinell (HB580-640)
Panzerstahl mit einer Härte von 600 Brinell wird von so manchen Anwendern noch immer als recht exotisch angesehen. Kaum ein Stahllieferant empfiehlt 600er-Stahl als Baumaterial, auch wenn heute viele Kunden in der Tat tragende Elemente/Konstruktionen aus diesen Stahlsorten herstellen.
In Verbindung mit den jüngsten Fortschritten in der Stahlherstellung und der dank Forschung und Entwicklung erreichten Verfeinerung der chemischen Zusammensetzungen sollten Stahlsorten mit 600 Brinell biegsam und allgemein einsetzbar sein, ohne bei der Verwendung sofort zu reißen.
Im Gegensatz zu HHA- und VHH-Güten variieren die chemischen Zusammensetzungen von UHH-Stahl zwischen den verschiedenen Herstellern stärker, da jeder Hersteller in dem Bestreben, verschiedene mechanische Eigenschaften zu erzielen, einen anderen Ansatz verfolgt.
Grundsätzlich muss dieser Stahl eine Dicke von 5,0 mm aufweisen, um eine SS109-Patrone mit dem NATO-Standardkaliber 5,56 mm abzuwehren.
Extreme High Hardness (XHH) Armour – Panzerstahl mit einer Härte von 650 Brinell (HB630-700)
XHH-Panzerstahl gilt heutzutage als selten und exotisch. XHH-Panzerstahl wird nicht von allen Stahlunternehmen hergestellt und wird derzeit nur für die Verwendung als Zusatzstahl produziert. Das Biegen und Schweißen ist bis zu einem gewissen Grad möglich, wird in der Regel jedoch nicht empfohlen. XHH-Stahl bricht relativ schnell und verhält sich diesbezüglich ähnlich wie Keramikwerkstoffe.
Schottpanzerung
Die Schottpanzerung wird hauptsächlich zum Schutz vor panzerbrechender Munition eingesetzt. Die wichtigste Eigenschaft der Schottpanzerung ist der Luftspalt bzw. „Hohlraum“. Diese Konstruktion gilt als relativ unkompliziert, da hier einfach zwei Stahlplatten parallel zueinander mit einem Spalt dazwischen montiert werden. In den meisten Fällen ist ein Luftspalt von 10 mm bereits ausreichend, um Bedrohungen sehr hohen Grades abzuwehren.
Die Montage von Schottpanzerungen beinhaltet üblicherweise die Verschraubung einer Panzerstahlplatte auf eine Grundkonstruktion aus Baustahl. Ein häufiges Beispiel: Man beginnt mit einem 6,5 mm dicken 500-Brinell-Sicherheitsstahl mit einer Schutzwirkung gemäß EN1522 FB6 (SS109) und setzt eine 500-Brinell-Platte mit einer Dicke von 4,0 mm und einem Luftspalt von 10 mm darauf. Diese Lösung bietet Schutz vor einem 7,62 x 51 AP-Kaliber gemäß der Widerstandsklasse EN1522 FB7. Mit dieser Lösung ersetzen Sie eine 15-mm-Einzelstahlplatte (einschließlich Toleranzen) durch eine 11-mm-Kombination, die eine Gewichtseinsparung von 25 Prozent und in Bezug auf den Stahl eine Kostenreduktion bietet.
Wie die Schottpanzerung ihren Schutz tatsächlich entfaltet, ist nicht bekannt. Manche Theorien besagen, dass das Geschoss nach dem Auftreffen auf die erste Platte der Zwei-Platten-Lösung gestört und im Luftspalt verdreht wird. Eine wahrscheinlichere Annahme ist jedoch, dass das Geschoss durch die erste Schicht so stark verlangsamt wird, dass es die innere Platte nicht durchdringt. Häufig wird für die innere Platte Stahl mit einer Härte von 500 Brinell (Baustahl) und für die äußere Platte Stahl mit einer Härte von 600 oder 650 Brinell verwendet, da letztere als „Zusatz“ dient.
Perforierte Panzerung
Die perforierte Panzerung ist in gewisser Weise mit der Schottpanzerung vergleichbar, jedoch besteht hier die vordere Schicht aus einer oder mehreren Platten mit Löchern (Perforationen). Die Löcher sind in einem gleichmäßigen Muster angeordnet und sind in der Regel kleiner als das Kaliber der Munition, vor der sie Schutz bieten sollen.
Bei der perforierten Panzerung kommt ein Mechanismus zum Einsatz, durch den das Geschoss gestört und verdreht wird, sodass die panzerbrechende Durchschlagskraft reduziert wird. Die Herstellung der Perforationen kann kostspielig sein, da sie entweder vor dem Härten der Panzerung durchgeführt werden muss oder, falls sie nach dem Härten erfolgt, so ausgeführt muss, dass das Material nicht erhitzt und die Härte nicht zerstört wird.
Vor dem Härten können die Perforationen durch Laserschneiden oder Stanzen hergestellt werden, doch nur wenige Hersteller sind dazu in der Lage und können den Stahl anschließend erfolgreich härten. Bohren und Laserschneiden ist zwar möglich, aber da es sich hierbei um tausende Löcher handelt, kann dies ein langsamer und kostenintensiver Prozess sein.
Nach dem Härten stehen auch das Bohren und Wasserstrahlschneiden als Möglichkeiten zur Verfügung. Beide Methoden sind jedoch zeitaufwendig und aufgrund der Anzahl der erforderlichen Löcher kostspielig. Ein häufiges Anwendungsbeispiel für perforierte Panzerung ist Schutz vor dem Kaliber 7,62 x 54 mm AP (Dragunow). Anstatt eines massiven 16-mm-Panzerstahls mit einer Härte von 500 Brinell kann 6,5 -mm-Panzerstahl vom Typ 500 Brinell in Kombination mit perforiertem 4,0-mm-Panzerstahl mit einer Härte von 600 Brinell verwendet werden. Durch diese Lösung kann eine Gewichtseinsparung von mehr als 40 Prozent erzielt werden.
Darauf sollten Sie beim Kauf von Panzerstahl achten – ein einfacher Leitfaden
Weltweit gibt es eine Vielzahl von Herstellern, die Stahlplatten mit explosionsbeständigen oder ballistischen Stahlgüten anbieten. Die Mehrheit davon befindet sich in Europa. Um eine fundierte Entscheidung über die Art des zu verwendenden Panzerstahls zu treffen, sollten die folgenden Fragen beantwortet werden:
- Welche Art von Schutz benötige ich? Vor welcher Art von Munition (Kaliber, Geometrie, panzerbrechende Munition etc.)? Bei welcher Auftreffgeschwindigkeit und bei welchem Winkel soll die Panzerung schützen?
- Wie schwer darf der Stahl sein? Gibt es eine Gewichtsbegrenzung für das zu schützende Fahrzeug bzw. den Anwendungszweck?
- Wie hoch dürfen die Kosten sein? Kann ich anstatt eines 500-Brinell-Stahls einen teureren Panzerstahl mit 550 Brinell oder 600 Brinell wählen?
- Wie soll der Stahl gefertigt werden? Hierbei gilt es das Schneiden, Schweißen und Biegen des Materials zu berücksichtigen.
- Soll ich direkt beim Stahlhersteller oder bei einem Händler/Vertrieb kaufen? Bei den meisten seriösen Stahlherstellern können Sie direkt kaufen und dadurch Geld sparen. Achten Sie dabei auf eine vollständige Zertifizierung und Gewährleistung sowie Produktunterstützung.
- Aus dem Lagerbestand oder per Direktbestellung? Ist meine gewünschte Menge groß genug und habe ich ausreichend Zeit, um eine kostengünstigere Produktionsbestellung aufzugeben, oder muss ich aus dem Lagerbestand kaufen?
- Wer kann mir helfen? Bei einem seriösen Panzerstahlunternehmen stehen Ihnen Mitarbeiter zur Verfügung, die Ihnen weitere Informationen darüber geben können, welche Stahlsorte ausgewählt und wie der jeweilige Stahl verwendet werden soll.
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Bei Swebor verfügen wir über 35 Jahre an Wissen und Erfahrung in der bestmöglichen Verwendung von Stahl für eine Vielzahl an Anwendungsmöglichkeiten. Sehen Sie sich unser Panzerstahlsortiment an oder kontaktieren Sie uns, falls Sie Fragen haben oder ein Angebot wünschen.